Dirk Ewers - Totale Sonnenfinsternis über Shanghai


Städtetour zur totalen Sonnenfinsternis
vom 19. bis 25.07. 2009


Am 22.Juli 2009 findet über Südost-China zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres eine totale Sonnenfinsternis statt.
Dies ist - mit einer Maximaldauer von 6:39 Minuten - die längste Finsternis des 21.Jahrhunderts

Um das Ereignis beobachten zu können wurde mit Shanghai ein Reiseziel gewählt, welches sich bereits direkt im Bereich
des an diesem Tag über die Erdoberfläche ziehenden Kernschattens des Erdmondes befindet.
Zur Mitte der totalen Finsternis stehen Sonne und Mond in einer Höhe von 56° über dem Ost-Horizont.
Die Planeten Merkur und Venus sollten zum Zeitpunkt der Totalität am kurzzeitig entstehenden Dämmerungshimmel
auffindbar sein, ebenso der hellste Stern des Nachthimmels, Sirius. Evtl. ist in Nähe der Venus auch Mars zu
erkennen sowie weitere helle Sterne.




Die Kernschattenzone im Bereich Shanghai (Quelle: NASA Eclipse Bulletin)


Shanghai selbst und somit auch der Standort unseres Hotels befinden sich zwar nicht direkt auf der Zentrallinie´
des Mondschattenverlaufes, bieten aber mit einer Finsternisdauer von exakt 5:00 Minuten ohne weitere Reise-
anstrengungen bereits eine komfortable Beobachtungsmöglichkeit.



Der zentrale Stadtbereich Shanghais mit dem Fluß Huangpu sowie dem gleichnamigen Stadtteil links des Flusses.
In diesem liegt auch das ausgewählte Hotel 'The Bund' (rote Markierung). Quelle: Google Earth
In der rechten Bildhälfte ist der bekannteste Bereich des Stadtteils Pudong zu erkennen. Hier stehen einige der
größten Gebäude der Welt, so z.B. der Oriental Pearl Tower (468m) und das World Financial Center (492m).

Außerhalb Shanghais wurden als Alternativen zwei weitere Standorte in die Planungen einbezogen, die mit dem Auto
in maximal 3 Stunden erreichbar sind und sogar eine Finsternisdauer von bis zu 5:50 Minuten ermöglichen.

Die statistische Bewölkungswahrscheinlichkeit über Shanghai liegt bei etwa 50% - siehe Cloudcover Jay Anderson.
Dies ist einer der besten Werte auf der gesamten Zentrallinie dieser Finsternis.


Zeitraffer-Animationen : Bewegung des Mondschattens sowie der Bedeckung der Sonne durch den Mond :

       



Aktuelle Berichte :


23.-25.07.





An der Bund-Promenade stehen einige in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts errichtete Gebäude.
Im Vordergrund der Fluß Huangpu mit einem der zahllosen dort verkehrenden Frachtschiffe.




Um von der Bund-Promenade zum Stadtteil Pudong zu gelangen bietet der Sightseeing-Tunnel eine kurzweilige
Alternative zu Fahrten mit Fähre, Taxi oder Metro. Durch den 650m langen Tunnel gelangt man mittels auf Schienen
fahrender Kabinen. Während der Fahrt werden die Tunnelwände durch eine bunte Effektbeleuchtung
in Szene gesetzt.




Der 1995 fertiggestellte Oriental Pearl Tower ist wohl immer noch das bekannteste Wahrzeichen Shanghais.
Seine höchste Aussichtsplattform liegt bei 350m und wurde 'Space Module' getauft.
Mitte : Das Foyer mit Zugängen zu den sechs Aufzügen.




Ein ungleiches Paar : Nicht nur in der Optik unterscheiden sich World Financial Center (links) und Jin Mao Tower
voneinander. Während in der oberen Gebäudestruktur des WFC der innere Bereich einiger Etagen komplett fehlt und
es sich hierbei um ein reines Bürogebäude handelt hat sich in der Spitze des Jin Mao Tower das Grand Hyatt Hotel
auf 35 Etagen angesiedelt (siehe unten).




Ein atemberaubender Blick : Das Atrium des Grand Hyatt Hotels befindet sich zwischen der 53. und 87. Etage
des Jin Mao Towers. Es allein erreicht bereits eine Höhe von gut 150m bei einem Durchmesser von 27m.




Die Aussichtsplattform des World Financial Center ist mit einer Höhe von 474m die höchstgelegene der Welt.




Die Skyline des Stadtteils Pudong. Im Vordergrund ist das Hotel Shangri-La zu erkennen. Auf der Nachtaufnahme
sieht man bei dem WFC sehr schön die Beleuchtung der Brücke, die nur zu bestimmten Zeiten aktiviert wird.
Der Gebäudeteil glitzert dann jedes Mal für etwa fünf Minuten durch das schnelle Blinken unzähliger Leuchten.




Wo anderorts noch geplant und diskutiert wird, schafft Shanghai hinter diesem Bauzaun schon wieder Fakten :
In direkter Nähe von Jin Mao Tower und World Financial Center hat bereits der Bau eines Wolkenkratzers mit
neuen Superlativen begonnen : Der Shanghai Tower soll zu seiner geplanten Fertigstellung im Jahr 2014
voraussichtlich eine Höhe von 632m erreichen.





links : optimale Nutzung eines Fahrrad-Gepäckträgers
Mitte : Vorbildlich - der Lieferservice des 'Gasthauses zum goldenen M'
rechts : Wenn der Gasmann dreimal klingelt ... -




links : Shanghai als Sun City ? - nach den Erlebnissen am Finsternistag wohl eher nicht ! ;-)
Mitte : Bei einer Einwohnerzahl von 18 Millionen sind hohe Hausnummern wohl nicht so ungewöhnlich ...?
rechts : Herzlich Willkommen beim Metzger Ihres Vertrauens - hier ist für den Kunden noch wirklich
transparent was er bekommt !



22.07. - ECLIPSE-DAY





Die längste totale Sonnenfinsternis des 21.Jahrhunderts ist vorbei.



Nachstehend der Bericht unserer Erlebnisse am Tag der SOFI:


Erst um 03:40 Uhr (alle Zeitangaben Ortszeit Shanghai) verließen wir unser Hotel.
Grund dafür waren die sich in extrem kurzen Zeiträumen ändernden Bewölkungsverhältnisse,
die wir auf den Satelliten-Detailbildern erkennen konnten. Es ließ sich in dem noch per PKW
erreichbaren Umland Shanghais keinerlei Gebiet erkennen, in dem die Aussicht auf eine
erfolgreiche Beobachtung deutlich besser als in anderen Regionen sein würde.
Den Ausschlag für eine Fahrt zu Shanghais Tiefseehafen auf der Insel Yangshan gab letztlich
der letzte Tip des NASA-Wetterexperten Jay Anderson, der Vorteile für die Küstenregion südlich
von Shanghai sah :

'The storms appear to be confined mostly to the land, and do not appear to be moving out over the
South China Sea at this point. This has important implications, as the blow-off high and mid cloud
from these storms heads mostly to the south (as can be seen in the satellite animations) and if there
are no storms out to sea, the coastal regions south of the city may be spared the deepest cloud at
eclipse time.'

Wie sich später herausstellte, war das Wetter an dem von uns gegen 07:00 Uhr erreichten Beob.ort
auf einem Felsen oberhalb des 'Seafarer'-Hotels während der Finsternis auch besser als im Großraum
Shanghai. Zumindest regnete es im Zeitraum vom ersten bis kurz vor den vierten Kontakt nicht.

Entgegen den Befürchtungen, der Zugang zu der über eine 32km lange Brücke mit dem chinesischen
Festland verbundenen Insel Yangshan wäre nur mit speziellen Tickets möglich bzw. stark limitiert
- wie wir dies auf der von Eclipse-City organisierten Intersoles-Konferenz im Hotel Shangri-La
hörten - stellte sich die Auffahrt auf die Brücke und ebenso die Abfahrt auf die Insel als völlig
problemlos dar. Lediglich im Strandbereich hinter dem Hotel sowie auf dem Hoteldach gab es eine
abgesperrte Zone. Während der Fahrt zur Insel begann die Dämmerung bereits und wir mußten feststellen,
daß sich die Bewölkungssituation im Süden nicht verbesserte. Im Gegenteil - es sah eher diesiger aus,
bereits auf kurze Entfernung war das Umland nicht mehr klar erkennbar.

Nach einer ordentlichen Kraftanstrengung beim Transport der Ausrüstung über einige Treppen hinauf
auf o.g. Felsen erreichte unsere kleine Gruppe einen Platz mit schöner Aussicht über die Insel.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bei Lars und auch unserem Guide Scott
für die geleistete Unterstützung beim Tragen des Gepäcks bedanken !
Auf unserer Beobachtungsterrasse befand sich auch eine Überdachung mit Sitzplätzen.
Den Aufbau der Geräte konnte Wolfgang schnell erledigen, bei mir lief es recht schleppend dahin.
Zum Einen, weil sich die Sonne erst etwa zur Hälfte der zunehmenden partiellen Phase zum ersten Mal
zeigte; aber auch weil der bei unserem Eintreffen komplett leere Standort sich nun in einen einen
kleinen Ameisenhaufen verwandelte. Als ich das Teleskop auf die Montierung gesetzt hatte, war mir
schon fast klar, daß hier vielleicht eine 'gelbe Gefahr' (aber schon nett und neugierig) auf mich
warten sollte. Von nun an waren im Schnitt zehn freundliche, aber auch sehr interessierte Einheimische
an meinem 'Stand' anzutreffen, die auch gerne ohne zu fragen über die Koffer kletterten um mal einen
Blick durch die Instrumente zu riskieren.





Gleich nach dem ersten Erscheinen der Sonne versuchten wir nun, diese ins Bildfeld zu holen um die
Ausrichtung der Montierungen zu korrigieren. Bis zum Beginn der Totalität zeigte sich unser Heimatstern
allerdings nur noch selten für jeweils wenige Sekunden.

TOTALITÄT !

Um den 2.Kontakt herum dimmte sich die Helligkeit des Himmels wie erwartet herunter, allerdings wurde
es so dunkel wie noch bei keiner von mir beobachteten Finsternis zuvor. Dies lag einmal an der Größe
des Kernschattens des Mondes, der zu diesem Zeitpunkt immerhin knapp 250 km betrug; aber natürlich
auch an der vorhandenen Bewölkung.



-   Im Zeitraffer zur Totalität  



- Fortsetzung folgt -




21.07. UPDATE:

Nach Besichtigung des Oriental-Pearl-Towers besuchten wir die Intersoles-Konferenz im
Shangri-La-Hotel. Mit Stephan Heinsius und Harald Petrich konnten wir uns einige Minuten
unterhalten.
Beide planten zu diesem Zeitpunkt noch mit ihrem Beobachtungsstandort Yangshan-Island
(Tiefseehafen).
Harald Petrich übernimmt ja die Live-Übertragung für Eclipse City / Astronation, er ist
aufgrund der geschalteten Standleitung auch auf Yangshan festgelegt.
An dem Workshop von Stefan nahmen wir als Zuhörer teil.
Bei Stephan ergab sich später als eventuelle Alternative noch die Begleitung einer
Eclipse-City-Gruppe nach Chongqing, wo nach aktuellen Prognosen sehr gute Wetteraussichten
für den morgigen Mittwoch herrschen sollen (dieser Ort ist ca. 1.500km westlich von Shanghai
und somit nur mit dem Flugzeug bis zur SOFI erreichbar).

Wir konzentrieren uns momentan auf die sehr guten Satelliten-Detailaufnahmen, die Fred Bruenjes
in seinem Portal freundlicherweise zur Verfügung stellt. Nach wie vor sind die Aussichten für Morgen
Vormittag (Totale Finsternis am Mittwoch ca.09:35 Uhr unserer Zeit - in Deutschland ca.03:35 Uhr)
sehr schlecht.
Um 2:00 Uhr Ortszeit ca. wird unsere kleine Gruppe mit einem Großraumtaxi und englisch
sprechendem Fahrer einen vorher ausgewählten Beobachtungsort ansteuern. Die maximale Fahrtzeit
beträgt somit etwa vier Stunden. Spätestens um 06:00 Uhr soll der Aufbau der Ausrüstung erfolgen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt !

Good Luck für alle die sich jetzt im Totalitätsbereich befinden oder im Internet oder
Fernsehen (CNN soll berichten) die Live-Bilder anschauen !



Vorfreude !



Der gestrige Montag stand ganz unter dem (wahrscheinlich original) chinesischen Sprichwort
'Der Weg ist das Ziel. Nach einem siebenstündigen Einsatz Hotel - Flughafen - Hotel war das
Ziel erreicht : Die Ausrüstung ist komplett !




Unsere kleine Gruppe begibt sich am heutigen Dienstag in den Stadtteil Pudong.
hier soll u.a. die Intersoles-Konferenz besucht werden, auf der Stephan Heinsius um 14.30 Uhr
einen Vortrag hält. Wir hoffen, uns mit ihm anschließend noch über die aktuellen Planungen
austauschen zu können.



20.07.

Nach ruhigem Flug traf unsere kleine Gruppe mit mit etwas Verspätung am Flughafen Pudong ein.
Am Flughafen Frankfurt sowie im Flugzeug trafen wir schon einige Bekannte wieder;
so z.B. Markus Burch (AG Luzern)Thomas Jahan, und Stefan Krause von Eclipse Reisen.
Im Hotel erhielten wir noch Besuch von Bernd Fröchte, der wie ich die SOFI 2006 im Hotel
Sunrise Queen in Side beobachtete.



Verschiedene Wetterdienste melden inzwischen massive Bewölkung und Regen für den Tag der Finsternis.
Um die Chance einer erfolgreichen Beobachtung zu erhalten ist die Prüfung aller verfügbaren Wetterinformationen
bis zum Ende des Vortages der Finsternis unumgänglich.
Auf der linken Aufnahme ist eine Schlechtwetterfront zu erkennen, die sich momentan noch nordwestlich
von Shanghai befindet.
rechts : Die Skyline des Stadtteils Pudong, u.a. mit Fernsehturm, World Financial Center und dem Fluß Huangpu




      Blick aus dem Hotelzimmer                                         Das Bund Center



            Familienausflüge                                                         Bambus dient als Werkstoff ...



für abenteuerliche Gerüstbauten                         Elektroinstallation nach VDE 0815                  






              Innenstadt-Platz                                                         Sandra fotografiert die Skyline




                      Blicke von der Bund-Promenade zu den Hochhäusern des Stadtteils Pudong                           


14.07.

Der Reisepass mit gültigem Visum ist da.
Das Cargogepäck wurde von der Spedition abgeholt.
Jetzt muß es 'nur noch' am Flughafen Pudong eintreffen und vom Zoll freigegeben werden.
Unsere Maschine soll am Sonntag, 19.Juli 07:00 Uhr Ortszeit (01:00 Uhr MESZ) nach elf Stunden
Flug dort eintreffen.

Während des Aufenthaltes in Shanghai ist die Möglichkeit eines Treffens mit 'alten Bekannten'
von der letztjährigen Reise besprochen worden. So werden z.B. Otto und Clara sowie die Familie
Meyer auch zu dieser Finsternis wieder in China unterwegs sein.

Neben den bereits ins Auge gefassten Standortalternativen WUZHEN und JINSHANWEI bietet der
Tiefseehafen Shanghais auf der Insel Yangshan eine weitere Alternative. Da dieser über die 32km
lange Donghai-Brücke mit dem Festland verbunden ist kann er von unserem Hotel aus in weniger
als 1 1/2 Stunden mit dem Auto erreicht werden.


21.06.

Für automatisierte Aufnahmen der Sonnenfinsternis mit digitalen Spiegelreflex-Kameras
soll wieder das Programm Eclipse Orchestrator von Fred Bruenjes verwendet werden.
Die Software wurde inzwischen weiterentwickelt und bietet nun - wohl als wichtigste
Neuerung - die Möglichkeit mehrere Kameras DIREKT über USB anzusteuern (war bisher
nur bei einer Kamera möglich). Hierdurch können alle so angeschlossenen Kameras nicht
nur exakt nach Zeitplan ausgelöst sondern ihnen auch jederzeit individuelle Belichtungszeiten,
Blendenöffnungen und ggf. ISO-Werte vorgegeben werden.

Die Fotopläne im Detail :
An einem 128mm-Refraktor sollen bei 1.040mm Detailaufnahmen von Chromosphäre, Protuberanzen
und innerer Korona gewonnen werden.
Ein Teleobjektiv soll bei 400mm Brennweite Aufnahmen von mittlerer und äußerer Korona liefern.
Für Refraktor und Teleobjektiv ist die Nachführung mittels einer Montierung Meade LXD75 geplant.
Für Weitfeld-Aufnahmen des Finsternishimmels soll wie im letzten Jahr eine weitere Kamera
eingesetzt werden, diesmal jedoch an einem 8mm-Fisheye-Objektiv (separates Stativ ohne Nachführung).

Die automatische Steuerung der drei digitalen Canon EOS Kameras 40D, 400D und 300D über PC
durch das Programm Eclipse Orchestrator Version 3.0.1 von Fred Bruenjes wurde ausgiebig
getestet und funktioniert recht gut. Lediglich die 300D verursacht - wohl bedingt durch ihren
älteren Prozessor oder die älteren Protokollformate - eine starke Belegung des USB-Busses.
Nach Reduzierung der Anzahl der geplanten Aufnahmen der 300D war aber eine zuverlässige
Ansteuerung der beiden anderen Kameras möglich.
So kann - auch bedingt durch die lange Finsternisdauer - von allen Kameras zusammen eine Anzahl
von über 240 Aufnahmen im Zeitraum von etwa 10 Sekunden vor bis 10 Sekunden nach der Totalität
erstellt werden. Die EOS 300D liefert trotz der o.g. Umstände in dieser Zeit immerhin noch
37 Aufnahmen (alle Angaben Standort Shanghai).




Cargo-Gepäck, die Zweite !
Trotz eines Fiaskos aufgrund von Kommunikationsproblemen bei der Cargoverschickung von
Teleskop und Montierung bei der Finsternis im letzten Jahr wird hier ein neuer Anlauf genommen.
Mit den gewonnenen 'Erfahrungen' kann es ja nur besser laufen !



Weiterführende Links :



Wetterlinks :